Bei der Entwicklung von E-Maschinen werden Ingenieure zunehmend mit internen, kundenbezogenen und rechtlichen Anforderungen konfrontiert. Um diese Ziele letztendlich erreichen zu können, braucht es neue Wege. Die klassischen Entwicklungsstrategien sehen individuelle Wege für unterschiedliche Attribute in unterschiedlichen Organisationsstrukturen vor, die für die Erfüllung unterschiedlicher Anforderungen verantwortlich sind. Daher findet die Entwicklung in mehreren parallelen Silos statt, deren Austausch untereinander sich oftmals als schwierig erweist und dabei ungünstige Kompromisse hinsichtlich der Attributleistung gemacht werden. Das führt zwar zu akzeptablen, aber nicht optimalen Designs.
Multiphysik in der Auslegung elektrischer Maschinen
In Zukunft werden stärker integrierte und ganzheitliche Entwicklungsstrategien erforderlich sein, um zukünftige Anforderungen besser zu erfüllen, ohne die Zielerreichung wesentlich zu beeinträchtigen. Vereinzelt finden sich tatsächlich in der Auslegungsphase von E-Maschinen erste Ansätze wieder, wie unterschiedliche physikalische Phänomene gekoppelt betrachtet werden können. Optimal wäre es, daraus automatisierte Prozesse zu entwickeln, die die einzelnen Solver für die verschiedenen physikalischen Domänen steuern und Daten übergeben. Solche Abläufe sind prädestiniert, von Optimierungstools gesteuert zu werden, um das sonst händische Probieren zu systematisieren und damit die Zielerreichung bzw. eine Kompromissfindung zwischen den verschiedenen Anforderungen zu unterstützen. Ein Beispiel dazu, was Altair zusammen mit Porsche entwickelt hat, finden Sie hier:
E-motor Design using Multiphysics Optimization
Thermale Aspekte bei E-Maschinen
Der wohl wichtigste Aspekt, neben der magnetischen Performance der E-Maschine sind seine thermalen Eigenschaften. Durch die verschiedenen Verlustarten, wie ohmsche Verluste in der Wicklung, Eisenverluste in den Blechpaketen, aber auch Stromverdrängungs- und ggf. Magnetverluste, die beim Betrieb eines E-Motors entstehen, wird Wärme erzeugt, welche abgeführt werden muss. Andernfalls können Temperaturspitzen entstehen, welche zu signifikanten Schäden an der Maschine führen können. Sollte die abzuführende Wärme zu groß sein, ist ein Kühlkonzept vonnöten. In der Simulation werden thermische Zusammenhänge schrittweise betrachtet. Auf Elektro-Magnetik-Basis werden zunächst die Verluste ermittelt, die dann in Wärmeübertragungs- bzw. Strömungsmechanik-Programmen als Wärmequellen übergeben werden, die letztendlich die Temperaturverteilung errechnen. Sollten die Materialeigenschaften sich mit der Temperatur stark ändern, kann sogar ein iteratives Vorgehen zwischen den physikalischen Domänen nötig sein.
Simulationssoftware für die Vibroakustik
Der Lärm, der von Elektromotoren verursacht wird, gewinnt zunehmend an Bedeutung bei der Entwicklung. Nicht nur im Automobilbereich, wo NVH schon lange eine dominante Anforderung darstellt. Zudem wird in anderen Bereichen die Reduzierung des Lautstärkepegels zunehmend eine Herausforderung für Ingenieure. Bedingt durch das Design der elektrischen Maschine und seiner Bestromung, entstehen pulsierende Kräfte, welche die Gesamtstruktur anregen und dadurch Körperschall verursachen. Ähnlich wie bei der Thermik erfolgt die Simulation akustischer Effekte in zwei oder gar drei Schritten.
In der Elektro-Magnetik werden durch dynamische Analysen die anregenden Kräfte ermittelt, welche dann an einen Strukturdynamik-Solver zur Berechnung der Schwingungsantworten übergeben werden, - meist im Frequenzbereich. Die Ergebnisse können dann direkt übernommen werden, um die Schallleistung zu approximieren (z.B. ERP – Equivalent Radiated Power). Oder man bedient sich einer weiteren Simulationssoftware zur Schallabstrahlungsberechnung, bei dem entweder Infinit-Element- oder Randelement-Methoden integriert sind. Die beiden letzten Schritte sind aufwändig und rechenintensiv, insbesondere wenn es für einen Drehzahlbereich durchgeführt werden soll.
Multiphysik in der Vorauslegungsphase elektrischer Maschinen
Die genannten Aspekte sind bedeutend im Entwicklungsprozess einer E-Maschine, so dass es Sinn macht, Sie nicht nur in der späten Phase (Auslegung), in der viele Entscheidungen schon getroffen sind, sondern schon früh in der Vorauslegung zu betrachten. Um fundierte Designentscheidungen über beispielsweise Topologien oder Abmessungen, Anzahl von Polen/Spulen oder Gestaltung der Wicklung zu treffen, hilft eine ganzheitliche Betrachtung der Konzepte.
Beispielsweise die Temperaturspitzen im Verhältnis zur Performanz zu sehen, wenn man die Bestromung ändert, kann eine wertvolle Information in der Konzeptfindung sein, um Entscheidungen über mögliche Kühlungsstrategien zu treffen. Die Möglichkeiten sind schier grenzenlos und dienen einem Ziel, mit einem schon ausgereifteren Entwurf in die Auslegungsphase zu gehen, um hier kostenintensive Schleifen zu vermeiden.
Besonders effektiv sind solche Ansätze dann, wenn Sie nicht nur von einzelnen Simulationsexperten, sondern zusätzlich von anderen Personen, die im Entwicklungsprozess eine entscheidende Rollen spielen, wie beispielsweise Systemsimulationsanwendern, Maschinenentwicklern, Thermodynamikern oder Verantwortlichen für die Integration, sprich diejenigen, die Anforderungen festlegen, angewendet werden können. Die Software FluxMotor in der Version 2020 bringt beide Arten der multiphysikalischen Analyse mit, mit der gewohnten Leichtigkeit in der Anwendung und kurzen Rechenzeiten.
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