Die Additive Fertigung hat unbestritten enormes Potential, die Produktion von morgen zu revolutionieren. Mit neuen Entwicklungen können auch im Leichtbau neue Dimensionen erreicht werden. Bisher erfüllten die für den Leichtbau zur Verfügung stehenden Aluminiumlegierungen noch nicht die hohen Anforderungen an die Crashperformance, um in der Serienproduktion der Automobilindustrie eingesetzt zu werden. Hinzu kommt die aktuelle Verfahrensgestaltung, mit der vornehmlich hochfeste, jedoch nicht duktile Werkstoffkennwerte erzeugt werden können. Das soll sich jetzt ändern.
Die EDAG Group hat im Rahmen des vom BMBF geförderten Forschungsprojekts „CustoMat_3D“ gemeinsam mit acht Projektpartnern mittels Topologieoptimierung und neuer Aluminiumlegierung Lösungen für den Einsatz im Fahrzeug entwickelt, die sowohl höhere Festigkeiten als auch höhere Bruchdehnungen ermöglichen. Letzteres ist insbesondere für den Fall eines Crashs von großer Bedeutung.
Die Demonstration der Leistungsfähigkeit im pulverbettbasierten Laserstrahlschmelzen (LBM) erfolgten in den letzten 3 Jahren bei der Mercedes-Benz AG und der EDAG Engineering GmbH mit Hilfe von Altair Engineering für die softwarebasierte Optimierung der mechanischen Belastung. Dieses ganzheitliche Forschungsprojekt soll die additive Fertigung für Serienprozesse im Leichtbau zugänglich machen. Die neu erforschten Lösungen können verwendet werden, um stark gewichtsreduzierte Komponenten im Fahrzeug zu etablieren.
In einer Laborphase wurden zunächst unterschiedliche Legierungen experimentell untersucht. Die erfolgversprechendste Legierung konnte erfolgreich auf unterschiedlichen Laserstrahlschmelzanlagen erprobt werden. Das Besondere daran ist, dass aus einer einzigen Legierung ein sehr breites Eigenschaftsspektrum erzeugt werden. Anhand einer nachgelagerten Wärmebehandlung können die Eigenschaften flexibel eingestellt werden.
Weniger Gewicht und mehr Belastung durch Topologieoptimierung
Aus den ermittelten Werkstoffkennwerten wurden Materialkarten erzeugt, die in einer Strukturoptimierung mit der Software Optistruct von Altair darauf abzielen, das Gewicht von Bauteilen bei gleicher Leistungsfähigkeit zu senken. Das Besondere hierbei ist, dass auch die Anforderungen aus dem additiven Fertigungsprozess wie die Bauteilausrichtung berücksichtigt werden können.
Dafür wurden Bauteile aus verschiedenen Bereichen des Fahrzeugs ausgewählt. Sowohl beim dynamisch hochbelasteten Radträger als auch bei einem komplexen Bauteil mit hohen Steifigkeitsanforderungen aus dem Bereich des Radkastens konnte durch die Topologieoptimierung mit Optistruct eine effektive Gewichtseinsparung realisiert werden. Diese lag teilweise über 30 % oberhalb des erwarteten Potenzials. Unter Einbeziehung des additiven Fertigungsprozesses kann hier das Bauteil über ein Laststufenmodell gezielt auf die Anforderungen des jeweiligen Fahrzeugs angepasst werden.
Weiterhin wurden auch Hybridprozesse wie Laserauftragsschweißen sowie Fügeverfahren mit dem neu entwickelten Werkstoff untersucht. In der softwarebasierten FEM-Simulation war es möglich, die Vorgänge auf der mikroskopischen Ebene des Pulvers über repräsentative Elemente in die makroskopische Simulation des Bauteils zu überführen. So wird eine stark verkürzte Rechenzeit möglich. Als Ergebnis können Eigenspannungen und Verzüge schon vor der Fertigung sichtbar gemacht und verringert werden.
Die neu entwickelte Legierung wird unter dem Markennamen CustAlloy® in wenigen Monaten konventionell verfügbar sein. Die Projektpartner ziehen schon jetzt ein durchweg positives Fazit. Alle Projektziele konnten erreicht werden und mit der neuen Legierung, dem zugehörigen Verarbeitungsprozess sowie den erprobten 3D-Simulationsmethoden stehen den Experten wirkungsvolle Werkzeuge zur Verringerung des Fahrzeuggewichts und dem Einsatz der 3D-Technologie in der Serienproduktion zur Verfügung.
