Die Fragen stellte Ralf Steck von Engineering Spot.
Ulrich Bruder ist seit Jahresanfang Geschäftsführer der Altair Engineering GmbH. Vor seiner Berufung in dieses Amt arbeitete er zunächst als Leiter des Global Partner Sales Teams und in jüngerer Vergangenheit als Leiter des German Key Account Teams. Zuvor hatte der studierte Luft- und Raumfahrtingenieur leitende Positionen bei MSC, Autodesk und Mentor Graphics inne. Begonnen hatte er seine berufliche Laufbahn in der Praxis als Applikationsingenieur, bevor er in den Vertrieb wechselte. Im Interview verrät er, wie Altair Engineering seine Kunden in Zeiten der Coronakrise unterstützt und wie Bruder die Zukunft seines Unternehmens und des Markts insgesamt sieht.
Herr Bruder, was ist Ihre aktuelle Verantwortlichkeit und was ist Ihre Herangehensweise an die neue Aufgabe?
Als Geschäftsführer verantworte ich sämtliche Vertriebs- und Marketingaktivitäten von Altair in den Regionen DACH und Benelux. Ich arbeite vordringlich daran, die Konvergenz von Simulation und Datenanalyse weiter voranzutreiben und unsere Kunden auf dem schnell wachsenden DACH- und BENELUX-Markt dabei zu unterstützen, die Vorteile von Altairs Technologien voll auszuschöpfen.

Die Coronakrise hat Ihre Arbeit sicherlich in unerwartete Bahnen gelenkt, wie hält sich denn Altair in der Krise?
Wir sind zum Glück nicht von Einmalzahlungen für Lizenzen abhängig – man kann gut beobachten, dass der Markt in der aktuellen Situation sehr zurückhaltend mit Neuinvestitionen ist. Altair arbeitet schon seit Jahren mit dem „Altair Units“-System, bei dem die Kunden ihre Units je nach Bedarf für die Nutzung aller Altair Produkte flexibel einsetzen können. Das generiert einen robusten Strom an Einnahmen, der uns auch in der Krise relativ stabile Umsätze beschert. So sind wir bisher gut durch die Krise gekommen und tun alles dafür, dass wir Altair in den nächsten Monaten auf diesem Kurs halten können. Wir beobachten jedenfalls keinen Einbruch bei der Lizenzverlängerung, was uns zeigt, dass unsere Kunden uns treu bleiben.
Haben Sie spezielle Angebote, die Ihren Kunden helfen, die Krise zu meistern?
Unser wichtigstes Angebot, um den Kunden schnell zu helfen, war zu Beginn der Lockdowns kostenlose, zeitbeschränkte Lizenzen für das Home-Office. Wer zu Hause arbeiten muss und beispielsweise keinen VPN-Zugang ins Firmennetzwerk hat, erhielt ab Mitte März von uns eine Lizenz seiner Software für den Rechner im Home-Office. In der Region DACH haben 273 unserer Kundenunternehmen dieses Angebot genutzt. Aktuell ist die Aktion bis Mitte Juni 2020 beschränkt, wir werden aber demnächst eine Umfrage unter den Nutzern starten und die Lizenzen bei Bedarf verlängern.
Sobald absehbar war, dass die Beschränkungen des öffentlichen Lebens kommen, haben wir zudem unser gesamtes Schulungsangebot auf Onlinekurse umgestellt. Hier hatten wir den Vorteil, dass Altair in den USA schon seit Längerem Onlineschulungen für Reseller anbietet. Diese wurden dort schon vor Corona wegen der Größe des Landes viel stärker nachgefragt. Deshalb haben wir schon einige Erfahrungen im Unternehmen, die wir jetzt nutzen konnten.
Wir verlegten die Präsenzkurse nicht einfach ins Netz, sondern strukturierten sie komplett neu – es ist niemandem zuzumuten, den ganzen Tag vor dem Monitor zu sitzen und Online-Videos anzusehen. Die Schulungen sind deshalb kürzer und bieten mehr Beispiele, die man aktiv nachvollziehen kann.
Zudem haben wir in den letzten Wochen eine neue Webinarreihe gestartet, die in 20 eigenständigen Sessions mit jeweils 30 Minuten Länge ganz praktische Themen beleuchten, beispielsweise das Arbeiten im Home-Office. Aktuell arbeiten wir an einer zweiten Staffel, die stärker aufeinander aufbaut und tiefer in die Themen einsteigt.

Viele glauben, dass die jetzt gemachten Erfahrungen mit Home-Office oder auch Videoconferencing unsere Arbeitswelt verändern werden. Wie ist Ihre Meinung dazu?
Die Coronakrise wird sicherlich auch hier ihre Nachwirkungen haben. Wir werden in der Zukunft hybride Arbeitsmodelle sehen, mit Home-Office und Präsenz im Unternehmen, je nachdem, was aktuell zum Arbeitsinhalt passt und wie die Gegebenheiten sind. Diese Entwicklung zu mehr Agilität und schwankender Anwesenheit gab es allerdings auch schon vor Corona, wir ziehen beispielsweise an zweien unserer deutschen Standorte demnächst um und haben unsere neuen Büros schon mit vielen nicht fest vergebenen Arbeitsplätzen geplant.
Ich bin mir trotzdem sicher, dass die persönliche Begegnung durch nichts zu ersetzen ist, in vielen Projekten gibt es Phasen, in denen enger zusammen und dann wieder eher nebeneinander her gearbeitet wird. Man muss einfach für jede Phase die passende Arbeitsweise finden – und zulassen.
Wie sehen Sie die Zukunft von Altair?
Altair hat drei Kernkompetenzen: Simulation, High Performance Computing (HPC) und Data Analytics. Diese drei Kompetenzen ergänzen sich, so hilft Data Analytics, in der Simulation intelligente Lösungen aufzubauen. HPC ist die Grundlage des Cloudcomputing und damit der Simulation in der Cloud.
Wie es in der Zukunft weitergeht, kann derzeit niemand sagen. Viele Projekte werden überdacht, Prioritäten verschieben sich, ganz neue Themen gewinnen Bedeutung. Sicher ist, dass die Unternehmen Flexibilität brauchen, um auf diese Entwicklungen reagieren zu können.
Altair bietet mit seinem Portfolio und seinem einzigartigen Lizenzmodell genau diese Flexibilität. Das Altair Unit-Lizenzsystem erstreckt sich ja nicht nur auf unsere eigenen Simulationsprodukte, sondern auch auf die Partnerprodukte der Altair Partner Alliance (APA). Damit bieten wir das größte Simulationsportfolio im Markt. Und das alles vom Laptop über die Workstation, den eigenen Server und HPC-Lösungen bis hin zur Cloud – mit nur einer Lizenz.

Sie bieten auch direkt Engineering-Dienstleistungen an, richtig?
Ja, das ist ein Bereich, auf den ich besonders stolz bin. Im Consulting und Engineering Service arbeiten wir im Kundenauftrag mit unseren eigenen Produkten. Hier sehen wir aktuell viele Projekte im Bereich der Elektromotorenentwicklung, beispielsweise die Optimierung von elektrischer Leistung, Temperaturmanagement und Leichtbau. Mit der Elektromobilität gewinnt der Leichtbau weiter an Wichtigkeit – und auch hier sind wir technologisch sehr weit vorne.
Das Ziel unserer Kunden ist die Entwicklung von Wettbewerbsvorteilen. In der Automobilindustrie war der Motor bisher ein wichtiger Baustein der eigenständigen Markenphilosophie. Die Unternehmen konnten sich mit ihren Motoren vom Wettbewerb abheben. Solche Abgrenzungen
müssen im E-Mobility-Bereich erst aufgebaut werden, deshalb sehen wir hier sehr anspruchsvolle Entwicklungen, die wiederum viel Simulation erfordern.
Gute Aussichten also – für die Branche und Altair. Wir wünschen Ihnen viel Erfolg und danken für das Gespräch.