Immer dann, wenn große Massen bewegt werden, bekommt das Thema Leichtbau einen besonders hohen Stellenwert, sei es in der Transportindustrie, der Luft- und Raumfahrt – oder eben auch in der Robotik. Leichtere Roboter erfordern in der Herstellung weniger Materialeinsatz, sind energieeffizienter im Betrieb und weisen meist durch die geringeren auftretenden Kräfte einen reduzierten Verschleiß und Wartungsaufwand auf. Dabei ist die Fertigung spannungsoptimierter Bauteile im Leichtbau nicht nur ein äußerst wirtschaftlicher, sondern auch ein besonders nachhaltiger Entwicklungstrend, da sowohl in der Herstellung als auch im Produktlebenszyklus der Bauteile Ressourcen eingespart werden. Der Einsatz von innovativen Fertigungstechnologien, wie dem 3D-Druck, gepaart mit modernster CAE Software, ermöglicht es, Zielkonflikte wie hohe Stabilität trotz geringem Materialaufwand zu vereinen und den Weg für Innovation zu ebnen.
Mit den obersten Zielen der Kosteneinsparung und Prozessoptimierung startete die Würth Industrie Services GmbH & Co. KG, eine eigenständige Tochtergesellschaft der Würth-Gruppe, die sich auf Industriekunden im Bereich der C-Teileversorgung und zugehörigen Services konzentriert, ein Partnerschaftsprojekt mit Altair Engineering Inc. Gegenstand dieses Innovationsprojektes waren KUKA Roboter, die Würth-Kleinladungsträger (W-KLT 2.0) innerhalb des Logistikprozesses auf Paletten sortieren, damit diese an Kunden versandt werden können (siehe Abb. 1). Für die Designoptimierung wurden gezielt die Halterungen ausgewählt, die oberhalb einer Lichtplatte angebracht sind und diese Platte am Roboter befestigen (siehe Abb. 2). Die aus Aluminium gefertigte Lichtplatte ermöglicht dem Roboter das Erkennen der Ware und verfügt über eine Kamera, Kühlrippen sowie LED-Streifen zur Beleuchtung.
3D-Analyse statt teure Defekte
Beim Tauschen der KLT-Greifer, die in verschiedenen Abmessungen über dem Roboter montiert sind und nach Bedarf automatisch gewechselt werden, kann es vorkommen, dass der Roboter einen Defekt an der Aufhängung der Lichtplatte verursacht. Die Aluminium-Lichtplatte ist auf Grund der verbauten Komponenten empfindlich, teuer in der Herstellung und zieht im Reparaturfall einen hohen Montageaufwand sowie lange Lieferzeiten nach sich. Durch die Optimierung der Halterung soll der oft hohe Zeit- und Kostenaufwand für den Austausch der Lichtplatte reduziert werden.
Zunächst wurde dieser Vorgang mit einer Ist-Analyse digital nachgebildet, indem die Dimensionen der einzelnen Bauteile bestimmt und der Bewegungsablauf untersucht wurde. Der Roboter wurde mit Hilfe eines 3D CAD-Programmes als digitales Modell konstruiert und anschließend in Altair InspireTM eingelesen. Dazu wurden den einzelnen Komponenten Materialien mit entsprechenden Abmessungen zugeordnet, die Motoren und deren Bewegungsabläufe eingefügt und eine Mehrkörpersimulation gestartet. Anschließend konnten die Projektingenieure eine Strukturanalyse des 3D-Modells durchführen, die einen präzisen Einblick bot, welche Kräfte und Beschleunigungen auf die einzelnen Bauteile wirken und welche Spannungen und Verformungen dadurch auftreten können (siehe Abb. 3).
Abbildung 3: Modell des Roboters zur Ermittlung der Spannungen
Über 80 % Gewichtseinsparung dank Topologieoptimierung
Die Ergebnisse der Mehrkörpersimulation waren die Grundlage für eine topologieoptimierte Halterung mit verbessertem Design, ausreichender Festigkeit und verbesserter Kompatibilität beim Greiferwechsel. Bei der Topologieoptimierung betrachtete das Team zunächst die Fertigungsprozesse Fräsen und 3D-Drucken, um beide bewerten zu können und insbesondere zu prüfen, ob der 3D Druck für diesen Anwendungsfall das effektivere Verfahren ist. Für die Würth Industrie Service lag der Vorteil schnell auf der Hand: Durch den 3D Druck kann die neue Halterung unabhängig von den Lieferzeiten und Preisen anderer Dienstleister in Echtzeit selbst hergestellt werden und somit Ausfälle in der Logistik effektiv vorbeugen.
Video 1: Leistungsspektrum CPS® WAM – Logodruck
Auch die Ergebnisse der Topologieoptimierung sprachen für sich: Das Gewicht der neuen Bauteile konnte gegenüber den ursprünglichen Aluminiumhalterungen bei für den Anwendungsfall ausreichender Stabilität um 87 % reduziert werden. Die geringere Masse schont dabei die Mechanik der Roboter, benötigt weniger Energie und führt so insgesamt zu Kosteneinsparungen im Produktionsprozess sowie im täglichen Einsatz durch effektive Ressourcennutzung. Zudem wurden Reparatur- und Ausfallzeiten reduziert, da im Falle eines Defektes nur das betroffene Bauteil und nicht die gesamte Baugruppe ausgetauscht werden muss.
Grünes Licht für über 90 % weniger Kosten
Über das ursprünglich Projektziel hinaus untersuchte das Team die Lichtplatte, die durch ihre Komponenten teuer in der Herstellung und Wartung ist. Bei der Topologieoptimierung mit Inspire stellten die Ingenieure fest, dass für eine ausreichende Beleuchtung nicht alle LED Streifen benötigt werden, und konnten die Lichtplatte auf die Hälfte reduzieren (siehe Abb. 4).
Die topologieoptimierte Halterung und Lichtplatte sparen etwa 94 % der Kosten im Verhältnis zu den laufenden jährlichen Reparaturkosten. Der Leichtbau führt somit nicht nur zu einer Verbesserung des Produktdesigns, sondern auch zu einer Gesamtoptimierung – technologisch, ökonomisch und ökologisch.
Abbildung 4: Im Einsatz befindliche angepasste, gedruckte Lichtplatte mit topologieoptimierter Halterung.
- Fest im Griff: Innovationsprojekt optimiert Logistik-Roboter - 20. Januar 2021